Die Anatomie des Pferdes umfasst den gesamten Körper, also alle Knochen, Muskeln, Sehnen, Bänder und alle Organe. Das äußere Erscheinungsbild (Exterieur) eines Pferdes ist rasseabhängig und wurde über viele Jahre durch die Auswahl der passenden Zuchttiere bestimmt. Die Anatomie der Pferde bleibt trotzdem gleich.

​​Anatomie unterschiedlicher Pferderassen ​

Bei Pferden gibt es, je nach Rasse, leichte, mittelschwere und schwere Rassen. So zählen zu den leichten Rassen eher die Rennpferde und zu den schweren Rassen die Kaltblüter. Betrachtet man ein Pferd seitlich aus etwas Entfernung, lässt sich das Gesamtbild eines Pferdes beurteilen. Bildet man virtuell ein Viereck zwischen Buggelenk, Hufe, Sitzbeinhöcker und Widerrist, kann man den Körperbau in unterschiedliche Formate einteilen. Ein Pferd mit einer langen Linie zwischen Widerrist und Sitzbeinhöcker und einer kürzeren Linie von den Hufen bis zum Widerrist hat ein Rechtformat. Rechteckpferde haben einen raumgreifenden Gang und sehr imposante Bewegungen, lassen sich aber teilweise schwieriger versammeln. Typische Rassen sind Hannoveraner und Araber. Sind die Linien dagegen alle etwa gleich lang, spricht man von einem Quadratformat. Diese Pferde lassen sich leichter versammeln und haben einen starken Rücken. Hierzu zählen Pferderassen wie die Lusitanos oder Andalusier. Das äußere Erscheinungsbild eines Pferdes muss nicht perfekt sein. Unstimmigkeiten lassen sich durch gezieltes Training und angepassten Hufbeschlag ausgleichen.

Bei der Beschreibung eines Pferdes wird der Körper in drei große Bereiche eingeteilt: die Vorderhand (Kopf bis Schulter), die Mittelhand (Rücken und Rumpf) und die Hinterhand (Gruppe und Hintergliedmaßen).

​​Anatomie des Pferdes: d​as Skelett

Das Skelett besteht aus 200 Knochen und hat die Aufgabe den Körper zu stützen und die inneren Organe zu schützen.

Alle Knochen sind durch Gelenke, Bänder und Sehnen miteinander verbunden. Pferde sind erst im Alter zwischen fünf und sechs Jahren ausgewachsen und das Skelett verändert sich dann nicht mehr. Das muss im Training unbedingt berücksichtigt werden, da es sonst zu Überlastungen kommen kann, wenn zu früh damit begonnen wird.

Wirbelsäule

Die Wirbelsäule des Pferdes ist starken Belastungen ausgesetzt und stellt die Verbindung von Vorder- und Hinterhand her. Neben dem eigenen Körpergewicht des Pferdes muss sie zudem das Gewicht des Reiters und des Sattels tragen.

Sie besteht aus verschiedenen Bereichen:

  • Halswirbelsäule mit 7 Wirbeln. Der erste Halswirbel (Atlas) stellt die Verbindung zum Kopf her. Die Halswirbelsäule ist sehr beweglich.
  • Brustwirbelsäule mit 18 Wirbeln: Ansatz der Rippen durch eine gelenkige Verbindung. Im Brustkorb sind Herz, Lunge, Leber enthalten. Die Dornfortsätze der Brustwirbel 8 bis 12 bilden den Widerrist.
  • Lendenwirbelsäule zw. 5-7 Wirbel (rasseabhängig)
  • Kreuzbein (5 verwachsene Wirbel)
  • Schweif (20-22 Schwanzwirbel)

Alle Wirbel haben einen ähnlichen Aufbau, der aus einem Wirbelkörper, einem Wirbelbogen, einem nach oben gerichtetem Dornfortsatz und zwei seitlichen Querfortsätzen besteht. Durch den Wirbelkanal verläuft das Rückenmark und zwischen den Wirbelkörpern befinden sich die Zwischenwirbelscheiben (Bandscheiben) als Stoßdämpfer.

Kopf: Der Schädel des Pferdes besteht aus 34 Knochen und ist im Verhältnis zum Körper eher groß. Jede Pferderasse hat einen rassetypischen Kopf. Man unterscheidet zwischen dem geraden Kopf, dem Keilkopf, dem Schafskopf, Ramskopf, der Ramsnase, dem Schweinskopf und dem Hechtkopf.

Das Kiefergelenk ist ein sehr großes Gelenk und verbindet Ober- und Unterkiefer. Der hintere Rand des Unterkiefers bildet die Ganasche. Um das Futter zu zermahlen, bewegen Pferde den Unterkiefer in alle Richtungen.

Zähne: Pferde kommen mit 12- 16 Milchzähnen auf die Welt. Ab einem Alter von ca. zweieinhalb Jahren beginnt der Zahnwechsel. Das bleibende Gebiss ist erst ab einem Alter von fünf bis sechs Jahren ausgebildet.

Je nachdem, ob bei einem Pferd Hengst- und Wolfszähne vorhanden sind, zählt man 36 bis 44 Zähne. 12 Schneidezähne, null bis vier Hengstzähne (Eckzähne), null bis vier Wolfszähne, 24 Backenzähne. Die Backenzähne übernehmen die Mahlfunktion, wodurch sie sich pro Jahr zwei bis vier Millimeter abnutzen, aber aus dem Zahnfach nachgeschoben werden. In der Lücke zwischen den Schneide- und Backenzähnen, dem Diastema, liegt das Trensengebiss.

Augen: Die Augen sind sehr groß und befinden sich bei Pferden sehr weit oben und seitlich, dadurch haben sie fast einen Rund-um-Blick von 330 Grad. Das ist für Fluchttiere überlebensnotwendig, um ihre Feinde schneller zu entdecken und vor ihnen flüchten zu können.

Pferde können zwar nicht so scharf sehen wie Menschen, aber Bewegungen (eventuelle Raubtiere) können sie sehr präzise wahrnehmen. Bei Dämmerung und nachts können Pferde dafür sehr gut sehen. Beim Farbsehen haben sie eine kleine Einschränkung, denn Rot-Orange können sie nicht erkennen.

Ohren: Pferdeohren sind sehr gut bemuskelt und können sich daher sehr gut bewegen. Die Ohrenstellung drückt viel über die Stimmung des Pferdes aus und dient auch der Kommunikation mit anderen Pferden. Angelegte Ohren zum Beispiel​ zeigen​ ein deutliches Unwohlsein und sind ein Zeichen von Stress.

​​Anatomie des Pferdes: die​ Beine

Vorderbeine: Die Vorderbeine tragen ca. 65% des eigenen Körpergewichtes. Sie sind verantwortlich das Gleichgewicht zu halten und zuständig für Wendungen und Bremsen. Das Vorderbein besteht aus dem Oberarmknochen, Elle und Speiche, dem Röhr-, Griffel und Gleichbein, dem Fesselbein, dem Kronbein, Hufbein, dem Strahlbein sowie aus den einzelnen Knochen des Vorderfußwurzelgelenks. Alle Knochen sind gelenkig miteinander verbunden und es gibt das Schultergelenk, das Ellenbogengelenk, das Karpalgelenk und die drei Zehengelenke. Sie werden durch Bänder und natürlich durch Sehnen und Muskeln stabilisiert, was gerade beim Springen und bei schnellen Wendungen extrem wichtig ist.

Hinterbeine: Die Hinterbeine sind der Antriebsmotor des Pferdes. Bei jedem Tritt, Schritt und Sprung wirken Schub- und Tragkraft auf die Knochen, Gelenke und Muskeln ein. Die Knochen des Hinterbeins sind sehr stark ausgebildet. Dazu zählt der Oberschenkel, das Schien- sowie Wadenbein, das Fersenbein und das Röhrbein. Die Hinterbeine sind über das Becken und das Iliosakralgelenk mit der Wirbelsäule verbunden. Zudem gibt es noch das Kniegelenk, das Sprunggelenk, das Fesselgelenk, das Krongelenk sowie das Hufgelenk.

Hufe: Der Pferdehuf muss das gesamte Körpergewicht des Pferdes tragen und es bei Sprüngen nach oben katapultieren und wieder auffangen. Diese wichtige​,​ stoßdämpfende Funktion spiegelt sich auch im komplizierten Aufbau des Hufes wider. Er besteht aus der Hufkapsel, der Lederhaut (zuständig für das Hufwachstum) und dem Hufbein.

Die Hufkapsel setzt sich zusammen aus der Hufwand, der Hufsohle mit der weißen Linie und dem Strahl. Unter der harten Hufwand liegt direkt die empfindliche und gut durchblutete Lederhaut. Eine Entzündung der Lederhaut ist sehr schmerzhaft und kann das Hufwachstum beeinflussen. Der betroffene Huf wird entlastet und fühlt sich meist warm an.

Eine abfedernde und stoßdämpfende Funktion wird zudem auch von der Hufrolle übernommen. Sie besteht aus dem unteren Teil der tiefen Beugesehne, dem Strahlbein und dem Hufrollenschleimbeutel. Leidet ein Pferd unter einer Entzündung der Hufrolle, zeigt es eine ausgeprägte Lahmheit und Wendeschmerz auf engen Zirkeln. Meist ist am Hufrollen-Syndrom das Strahlbein, die tiefe Beugesehne, verschiedene Seitenbänder entweder einzeln oder zusammen beteiligt.

​​Anatomie des Pferdes: ​​​​i​nnere Organe

Magen – Darm – Trakt:

Der Magen-Darm-Trakt ist sehr komplex aufgebaut und reagiert empfindlich auf Veränderungen. Im einhöhligen Magen wird der Nahrungsbrei mittels Drüsensekreten (Salzsäure) enzymatisch verdaut. Der Magen hat ein Fassungsvermögen von 12-15 Litern und ist im Verhältnis zum restlichen Verdauungstrakt relativ klein. Längere Fresspausen sollten vermieden werden, da sonst die Magenschleimhaut von den Drüsensekreten angegriffen wird und sich eine Gastritis entwickeln kann.

Der Darm beginnt am Magenausgang, reicht bis zum After und hat eine Länge von ca. 30 Metern. Der lange Muskelschlauch, der mit Verdauungsschleimhaut ausgekleidet ist, wird eingeteilt in Dünndarm und Dickdarm.

Der Dünndarm hat eine Länge von ungefähr 20 Metern. Hier findet die enzymatische Verdauung der im Futter enthaltenen Kohlenhydrate, Proteine und Fette statt.

Die nicht verdaulichen Faserbestandteile (Zellulose, Hemicellulose) im Futter werden dann im Dickdarm durch die Mikroben verdaut. Der Dickdarm ist stark erweitert und ähnelt einer Gärkammer, die in Blinddarm, großes und kleines Kolon unterteilt wird. Innerhalb von 48 Stunden werden aus Stroh, Heu und Gras die Inhaltsstoffe Cellulose, Hemizellulose und Pektin von den körpereigenen Mikroorganismen in hochverdauliche Fettsäuren und B Vitaminen (B12, Biotin) aufgeschlossen. Das Futter muss für eine gute Darmflora und für die Gesundheit des Pferdes einen Mindestrohfasergehalt enthalten.

Herz und Lunge:

Beide liegen im Brustkorb und werden durch die Rippen geschützt.

Das Herz ist ein muskuläres Hohlorgan und im Verhältnis zur Körpergröße mit 1% eher klein. Das leistungsstarke Organ schlägt im Ruhezustand etwa 28-40 Mal pro Minute und bewegt in dieser Zeit ca. 30 Liter Blut. Es versorgt den gesamten Körper mit nähr- und sauerstoffhaltigem Blut aus der Lunge. Gleichzeitig führt das Herz verbrauchtes Blut mit Abfallstoffen aus der Lunge zur Entgiftung in die Leber und Niere. In Situationen von Stress, Angst oder Schmerzen kann die Herzfrequenz schlagartig auf 200 Schläge pro Minute ansteigen. Das Blutvolumen erhöht sich gleichzeitig um nahezu 50% und versorgt den Körper in Fluchtsituationen mit mehr Sauerstoff aus der Lunge

Die Lunge eines 500kg schweren Pferdes wiegt ungefähr 7 kg und macht 1,5% des gesamten Körpergewichtes aus. Das Lungenvolumen eines Pferdes beträgt 50 Liter und sie hat 50 Mal mehr Lungenbläschen als eine menschliche Lunge. Ein Pferd atmet im Ruhezustand 8 bis 15 Mal und unter Belastung bis zu 150 Mal pro Minute. Da das Gaumensegel sehr lang ist, können Pferde nicht durch den Mund atmen, sondern nur durch die Nasenlöcher.

Die Anatomie des Pferdes ist ein sehr komplexes Thema und dieser Artikel gibt eine kurze strukturierte Übersicht, um den Pferdekörper besser verstehen zu lernen.